Hippo Reistagebuch: 3. Eintrag

Strasbourg – Ägypten – Marseille: Der (Lebens-)weg des Jean-Baptiste Kléber

Nachtrag zu Strasbourg:

Zusammen mit der Gruppe an Volontär*innen, die an dem Austauschprogramm teilnehmen, geht es weiter nach Strasbourg. Dort angekommen sprang mir immer wieder ein Name ins Auge: Jean-Baptiste Kléber. Ob Haltestelle, Straßenname oder Statue – der Name war überall. Und beim Hippo klingelte da auch etwas, war aber nicht so recht greifbar. Bis dann schließlich der Besuch des historischen Museums die Erklärung brachte:

Jean-Baptiste Kléber war an der Ägyptenexpedition Napoleons beteiligt und wurde in Kairo Opfer eines Attentats. Sein Leichnam verblieb dann über 15 Jahre im Chateau d’If, dem berühmten Alcatraz von Marseille.

Das klingt doch nach einer Story, der Mummies & Magic genauer auf den Grund gehen sollte.

Und hier kommt sie:

  • Strasbourg:

Jean-Baptiste wurde 1753 als Sohn eines Steinmetzes in eine bürgerliche Familie hineingeboren. Sein erster Versuch sich mit 16 Jahren der Armee zu verpflichten wurde durch seine Mutter unterbunden, die ihn zu einer Ausbildung und Mitarbeit als Architekt im Betrieb des Stiefvaters bewegte. Erst auf Umwegen begann Kléber dann doch noch seine militärische Karriere: 1777 war er an einer Streiterei in einem Wirtshaus beteiligt, die zwischen Elsässern und Bayern entbrannt war. Kléber unterstütze letztere und erhielt zum Dank eine Kadettenausbildung an der bayerischen Militärakademie. Im Anschluss kam er auf Empfehlung zum österreichischen Regiment. Als Bürgerlicher hatte Kléber aber keine großen Aufstiegschancen zu erwarten und so er quittierte vorerst den Dienst, um wieder als Architekt tätig zu sein. Erst durch innerpolitische Veränderungen und dem Ausbruch der Revolution konnte Kléber sich durch seine militärische Ausbildung und sein Engagement unabhängig seines Ranges eine Karriere aufbauen und führte u.a. eine Devision gegen Preußen.

Nach dem Ende der Revolution lebte Kléber zurückgezogen und schrieb an seinen Memoiren, bis er am 12. April 1798 die persönliche Einladung Napoleons erhielt, an dessen Feldzügen gegen Syrien und Ägypten teilzunehmen.

  • Ägypten & Syrien:

Gleich in seinem ersten Einsatz, der Eroberung von Alexandria, wurde Kléber durch einen Streifschuss am Kopf verletzt. Die Einnahme Kairos oblag daher einem anderen General, während Kleber in Alexandria Schreibtischdienst tat. Sein Missfallen darüber brachte Kléber wohl in einigen Briefen deutlich zum Ausdruck, woraufhin er nach Kairo eingeladen und später an den Feldzügen in Syrien mit einer großen Division beteiligt wurde. Die Aktionen in Syrien gestalteten sich aber als schwierig und verlustreich, und im Mai 1799 zogen sich die französischen Soldaten nach Ägypten zurück. Kléber deckte die Nachhut und kam daher zu spät zur letzten siegreichen Schlacht der Franzosen bei Abukir, wo der dem siegreichen französischen General nur noch gratulieren konnte. Trotz allem war die französische Orient-Armee in schlechter Verfassung, die Moral war im Keller. Napoleon verließ bald darauf seine Truppen und kehrte für seinen Staatsstreich nach Paris zurück. Nicht aber ohne zuvor Kléber das Oberkommando über die Orient-Armee zu übertragen. Während Napoleon in Frankreich die Macht an sich riss und seinen Ägyptenfeldzug als Erfolg verkaufte, war Kléber mit seinen Leuten in Ägypten vom politischen Geschehen abgeschnitten. England kontrollierte das Mittelmeer und versprochene Hilfe und Geldmittel aus Frankreich blieben aus. In dieser Misere trat nun wiederum das Osmanische Reich auf den Plan, das, unterstützt durch England, Ägypten zurück zu erobern versuchte. In der ersten Schlacht bei Damiette konnte die französische Schlagkraft die osmanischen Truppen noch überraschen. Während nun aber das Osmanische Reich mit der Konvention von Al-Arisch den Rückzug, Schadenszahlungen und Waffenrückgaben forderten, verlangte England eine vollständige Kapitulation Frankreichs. Dies führte schließlich am 20. März 1800 zu Klébers berühmtesten Offensive, der Schlacht von Heliopolis. Die osmanische Truppen wurden geschlagen und der Großwesir floh. Am selben Tag entbrannte in Boulaq, dem Hafenviertel von Kairo ein blutiger Aufstand, der erst Ende April durch eine politische Vereinbarung mit dem oberägyptischen Mameluckenführer unterdrückt werden konnte. Es gelang die französische Vormachtstellung in ganz Ägypten wieder herzustellen. Um nun den desolaten Zustand der französischen Truppen zu beheben, Verpflegung und ausstehenden Sold ausbezahlen zu können, erhob Kléber saftige Kontributions-Zahlungen in Kairo und anderen Städten, was in der lokalen Bevölkerung sicher für starkes Missfallen sorgte.

In dieser politisch äußerst angespannten Situation wurde Kléber am 14. Juni 1800 Opfer eines Attentats.

Historiker halten ein religiös-politisch motiviertes Attentat für möglich, durch das sich der in Heliopolis geschlagene und geflohene Großwesir Youssef Pasha vielleicht hatte rächen wollen. Ausgestattet mit einem Kamel, 30 Silberstücken und einem Dolch sowie den Versprechung von Schutz und weiteren Belohnungen erklärte sich ein junger Student namens Soleyman-el-Halepi zu dem Attentat bereit. Dieser und drei weitere Hintermänner wurden nach der Tat aber gefasst und anschließend hingerichtet.

Andererseits wird auch ein französisches Komplott nicht ausgeschlossen. Kléber stand von Beginn an dem Ägypten-Kampagne kritisch gegenüber. Als Mann an der Front verfügte er zudem über detailreiche Informationen über den tatsächlichen Zustand der Orient-Armee. Seine Darstellungen hätten der positiven Inszenierung Napoleons durchaus schaden können. So war vielleicht auch schon Klébers Beförderung zum Oberkommandanten der Orient-Armee ein politischer Schachzug, um ihn von Paris fernhalten zu können.

  • Marseille:

Im Jahr 1801 wurde Klébers einbalsamierter Leichnam nach Marseille, genauer auf die der Hafenstadt vorgelagerte Gefängnis-Insel ‚Chateau d’If‘ gebracht.

Als Schauplatz im berühmten Roman “Der Graf von Monte Christo” ist die Festungsinsel bis heute weltbekannt. Der zwischen 1844-1846 von Alexandre Dumas veröffentliche Roman zählt zu den absoluten Klassikern, ist aber vielleicht eher durch den mehrteiligen Film mit Gérard Depardieu bekannt (hierzu gibt es aus Gründen noch einen gesonderten Beitrag).

In den der politischen Wirren, die geprägt waren durch Napoleons Rückkehr aus seinem Exil auf der Insel Elba, seiner 100 Tage Herrschaft und seiner endgültigen Niederlage bei Waterloo mit anschließender Gefangenschaft auf St. Helena sowie der Thronbesteigung König Ludwig XVIII., geriet Kléber in Vergessenheit. Erst 18 Jahre später erhielt er seine letzte Ruhestätte in Strasbourg am heutigen Kléberplatz. Ludwig XVIII. ließ den Sarg nach Strabourg überführen und unterhalb der Statue, die bis heute auf dem Platz steht, beisetzen.

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